MARIE-LUISE HINRICHS - PIANISTIN & KOMPONISTIN

CD

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CD Cover

Marie-Luise Hinrichs spielt

Werke von Hildegard von Bingen, George I. Gurdjieff, Marie-Luise Hinrichs

Copyright Raumklang 2023

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Klassik Heute zur CD "Visions"

Die Benediktiner-Äbtissin Hildegard von Bingen umgibt als Autorin, Komponistin, Heilkundige und Philosophin eine faszinierende und manchmal auch etwas rätselhafte Aura. Zugleich erfreuen sich ihre Musik und Texte einer ungebrochenen Anziehungskraft. Die Kölner Pianistin Marie-Luise Hinrichs begab sich schon vor Jahren in diese mystische Welt aus einem persönlichen Bedürfnis und spiritueller Suche heraus. Sie wurde fündig – und entdeckte den großen Reichtum dieser Musik. Schon 2009 spielte sie zum ersten Mal Stücke der großen Mystikerin ein. Mit ihrem aktuellen Album „Visions“ legt sie nun eine Fortsetzung vor, die wiederum tiefe Empfindung und forschende Auseinandersetzung hörbar macht. Sie hat diese Musik zunächst als das verinnerlicht, was sie im Kern ist, nämlich Vokalmusik. Sie trat einer Schola bei, um sich selbst am mehrstimmigen Gesang dieser Musik zu beteiligen. Aus diesem Verständnis heraus übertrug sie den mittelalterlichen Tonsatz auf die Klangfarben eines modernen Steinway-Flügels – und bleibt verblüffend „nah“ an der spirituellen Diktion der Originale aus dem Mittelalter dran.

Improvisatorisch, zeitlos und hypnotisierend

Einige der hier ausgewählten Gesänge sind von diversen, einschlägigen Interpretationen in der Alten Musik bekannt. Marie-Luise Hinrichs schafft es, deren Rhetorik noch plastischer wirken zu lassen. Regelrecht hypnotisch wirkt es, wie ihr spielerisches Timing jene Freiheit auskostet und weiter denkt, welche dem Fehlen von festen Takteinheiten in dieser uralten Musik innewohnt. Das wirkt manchmal fast improvisatorisch und zeitlos allemal.

Erweitertes Spektrum

Das Spektrum auf dieser neuen CD für das Raumklang-Label (dass der Name Programm ist, hört man bei der Aufnahmequalität!) wurde noch erweitert. Hier kommt der kaukasische Komponist George I. Gurdjieff ins Spiel. Im 19. Jahrhundert lieferte er einen beeindruckenden Beleg dafür, wie sehr die Musikgeschichte von Orient und Okzident jahrhundertelang zusammengehörte. Marie-Luise Hinrichs nimmt sich den sinnlichen Arabesken in diesen farbenreichen, mystisch funkelnden Stücken mit ebenso viel Entdeckerlust an. Für das Arrangement zeichnete übrigens Thomas de Hartmann verantwortlich. Ebenso überrascht eine Eigenkomposition von Marie-Luise Hinrichs und ein – in seinem Gestus bemerkenswertes altfranzösisches Lied von Pjotr Ilic Tschaikowski. Einmal mehr verweist es auf einem funktionierenden kulturellen Austausch, wie er auch zwischen Russland und Mitteleuropa im 19 Jahrhundert funktionierte. Insgesamt ist diese CD ein Bekenntnis für ein kulturelles Miteinander. Marie-Luise Hinrichs Klavierinterpretationen der Musik von Hildegard von Bingen setzen dabei den Maßstab.

Stefan Pieper, www.klassik-heute.de, 12.07.2023

Mein Hörtipp: Marie-Luise Hinrichs "Visions"

Claus Volke, Hören & Fühlen

Im Jahr 2009 brachte die in Köln lebende und lehrende Pianistin Marie-Luise Hinrichs ihr Album „Vocation“ auf den Markt, das in der Klassikbranche weit über Deutschland hinaus eine Welle der Begeisterung auslöset. Und das zu Recht! Sie bearbeitete Werke von Hildegard von Bingen und Georg I. Gurdjieff und spielte sie solo auf dem Klavier ein. Das Album hat mich so sehr eingenommen, dass ich ihr meine Empfindungen beim Hören sofort schreiben musste. Sie antwortete direkt und aus diesem Schriftwechsel hat sich eine langjährige Freundschaft mit dieser so sympathischen und brillanten Pianistin entwickelt.

Viele Alben sind gefolgt und alle waren, wie auch ihre Einspielungen vor 2009, wirklich sehr gut. Aber ich will ehrlich sein, an meine ganz persönliche Faszination für die „Vocation“ kamen sie nicht heran, was aber bitte ausdrücklich nicht als Kritik an den anderen Alben zu verstehen ist. Und nun erhielt ich ihre neue CD: „Visons“. Die Freude war groß, denn nun hat wieder Werke von Hildegard von Bingen und Georg I. Gurdjieff bearbeitet und wieder hat sie sie auf dem großen Steinway D eingespielt und wieder war es das Raumklang Label, dass sie aufzeichnete. Hans Giese stimmte wieder den Flügel genau auf den Punkt, Sebastian Pank (hier der Tonmeister) war wieder mit dabei und sogar das Grafik Design wurde von der selben Person geschaffen, der großartigen Anne Hoos. Also alles so wie vor 14 Jahren, bei der Einspielung von „Vocation“? Ja!

Und die Musik? Kann sie mit dem für mich in vielerlei Hinsicht als Meisterwerk zu bezeichnenden Album mithalten? Eines gleich vorweg: Voacation ist für mich auch aus audiophilen Gesichtspunkten heraus ein Meilenstein und dient mir immer wieder auch als klangliche Referenzaufnahme…und in diesem Punkt steht „Visions“ diesem schon einmal in nichts nach!

Nun aber endlich zur Musik:

Am 12. und 13. Oktober 2022 spielte Marie-Luise Hinrichs in der evangelische Kirche in Köln-Rondorf auf dem großen Steinway D Flügel Werke von Hildegard von Bingen und Georg I. Gurdjieff, eines von Peter Tschaikowsky und 2 eigene Kovmpositionen ein. In 18 Stücken und in 65 min verzaubert sie uns Zuhörer:innen mit ihren unglaublichen Klangfarben und ihrer so umgemein lyrischen Art dem Klavier Töne zu entlocken, die in ihrer Schönheit nicht von dieser Welt zu sein scheinen.

Alle Werke wurden von ihr arrangiert. Und ja, der Zauber, diese geradezu fühlbare innere Stimme der fließenden Melodien und diese unglaubliche Faszination ist wieder da. Wie bei dem Album Vocation aus dem Jahr 2009 scheinen die Finger der Pianistin wie von einer magischen Hand geführt zu werden. Ich kenne wirklich sehr viele Vertonungen der Werke der Hildegard von Bingen, aber keine einzige kommt an die Magie, die Mystik und die besondere Wirkung der Bearbeitungen von Marie-Luise Hinrichs heran. Der große Steinway D scheint mit einer ungeheuren klanglichen Leichtigkeit geradezu durch die Melodien zu schweben, in einer Art, die nicht viele Pianist:innen diesem großen Flügel entlocken können. Eine Wärme, tonale Zartheit, eine klangfarbliche Feinstruktur und ein sphärischer Klang, der einen wirklich im wahrsten Sinne verzaubert. Müsste ich eine Elfe, eine Fee klanglich wiedergeben, würde mir sofort dieser magische Ton einfallen. Ich habe die Musik von Marie-Luise Hinrichs bei vielen Hochgebirgs-Trail-Touren mit Kopfhörern gehört und die Erhabenheit der Berge und diese Musik gehen dabei eine fast schon überirdische Symbiose ein. Irgendwann werde ich mir meinen Traum vom Laufen rund um die norwegischen Fjorde erfüllen und dann werden auf meinen Kopfhörern 2 Musiker:innen zu hören sein: Ketil Bjornstad und Marie-Luise Hinrichs, beide mit Ihren Solo-Klavier Werken.

Diese Musik mit ihren inneren Harmonien in dieser unglaublichen Landschaft zu hören, stellt für mich die reinste Form der Visualisierung von Musik oder die schönste musikalische Umsetzung dieser Traumlandschaften in Klangbilder dar.

Meine 5 Alben für die Insel haben eine weitere dazu bekommen: „Visions“ von Marie-Luise Hinrichs, die damit mit beiden Alben in meiner ewigen Bestenliste Einzug gehalten hat.

Nicht mehr und nicht weniger als ein Meisterwerk.

Hören Sie sich dieses Album nicht an. Kaufen Sie es direkt und gleich auch die CD „Vocation“ mit dazu. Nach wenigen Minuten wissen Sie, warum Sie richtig gehandelt haben.

 
 

 

 

Claus Volke, Hören & Fühlen, 10. April 2023

Marie-Luise Hinrichs, Klavier